Das Wüten der Welt. Marten´t Hart
Adriaan erlebt sozusagen an einem Tag sein ganzes Leben. Wie ein Prolog sind die Begegnungen und Ereignisse an diesem Tag, deren Bedeutung sich erst Jahre später nach und nach zeigt. Es ist eine Geschichte aus der holländischen Nordseeprovinz, und es zeigt sich, dass ein großer Horizont eines flachen Landes noch längst nicht eine weite Sicht erzeugt, denn die Provinz ist ja ein geistiges Phänomen, kein geographisches.
Wenn einer, der tot sein sollte, dennoch lebt, so ist es wie ein Unrecht. Fortan bestimmt der Kampf um Rechtfertigung sein Leben, und ist darin vollendeter Ausdruck des protestantisch-lutherischen Lebensgefühlsdas eben nicht durch Werke, wie im Katholischen, sondern allein durch Glauben die Rechtfertigung sucht, für die es aber zu Lebzeiten keine Gewissheit geben kann. Wenn an seinem Lebensabend im Irrenhaus der religiöse Eiferer, an dessen Hartherzigkeit alle Familienmitglieder zerbrochen sind, immer noch auf Rechtfertigung hofft, so kann das doch wieder Respekt einflößen vor dieser durch Tatsachen unbeirrbaren Hoffnung, einer radikalen Glaubensvariante.
Wenn indes im Leben des heranwachsenden Adriaan Ereignisse ihren Lauf nehmen, wenn er völlig unberührt bleibt von altersgemäßen Erscheinungen, wenn er ein Sonderling wird, der sich um andere Sonderlinge müht, dann sieht man nach und nach einen großen Plan sich vollziehen, dann wird ein auf Prädestination gestütztes Glaubensverständnis sichtbar, eine Gottesbegegnung, für die nicht Gebet und Liturgie, wohl aber Deutesätze der heiligen Schrift maßgeblich sind, und eben das Menschenleben selbst - wer es zu lesen versteht.
Der Großvater ist der Mystiker, der aus Liebe und Distanz die Fäden sieht, an denen Gott zieht, und in großer Gelassenheit Glauben und Gottlosigkeit auf eine Stufe stellt.
Die eigentliche Hauptperson in Harts Romanen ist jedoch die Zeit selbst. Während der Großteil des Personals Unwissende sind, in engen Grenzen Lebende und sich damit begnügend, ist es die Zeit, die Bedeutung schafft. Das beobachtete Kriegsschiff des jungen Adriaan entspricht der späteren Weltreise in der Waschküche der Fregatte, die dennoch nicht aus der Provinz herausführt, sondern eher die ehemalige Seemacht Holland als provinziell vorführt.
"Das Wüten der ganzen Welt" war der Erstlingsroman Harts, in dem der Protagonist sein Leben lang einen Kriminalfall aufzulösen versucht, dessen Zeuge er als Junge geworden ist. Er will ein Geheimnis lösen, das über ihm liegt, über seiner Welt, ihrer Fremdheit und Unerbittlichkeit, und so tastet er sich mit unbeirrbarer Hartnäckigkeit einer Lösung und Klärung entgegen. Auch hier ist es die Zeit, die wie ein Mantel über der Welt liegt und sie erträglicher macht, in der blinden Hoffnung auf Aufklärung seines Lebens und dessen Verwicklungen. Und in beiden Büchern lüftet schließlich die Zeit den Mantel und gibt etwas preis, lässt etwas erkennen und zusammenwachsen. Das Glück liegt weniger in den Leistungen des Protagonisten, oder in seinen Entscheidungen - als Subjekt kommt er wenig zur Geltung. Eher kämpft er mit fremden, unverständlichen Mächten und bekommt geschenkt, was zuletzt zu seinem Leben gehört. In diesem Sinne ist der Protagonist wie Kafkas Herr K, Glavinic´Jonas oder Hotschnigs Kurt Weber. Was die Zeit ihm gewährt, muss erkannt und verstanden werden. Weit davon entfernt, Herr seines Lebens und seiner Entscheidungen zu sein, liegt sein Glück zuletzt darin, das zu bejahen, was die Zeit ihm in den Schoß legt, ungeschuldet. Der Sinn ersteht am Grauen entlang
Wenn einer, der tot sein sollte, dennoch lebt, so ist es wie ein Unrecht. Fortan bestimmt der Kampf um Rechtfertigung sein Leben, und ist darin vollendeter Ausdruck des protestantisch-lutherischen Lebensgefühlsdas eben nicht durch Werke, wie im Katholischen, sondern allein durch Glauben die Rechtfertigung sucht, für die es aber zu Lebzeiten keine Gewissheit geben kann. Wenn an seinem Lebensabend im Irrenhaus der religiöse Eiferer, an dessen Hartherzigkeit alle Familienmitglieder zerbrochen sind, immer noch auf Rechtfertigung hofft, so kann das doch wieder Respekt einflößen vor dieser durch Tatsachen unbeirrbaren Hoffnung, einer radikalen Glaubensvariante.
Wenn indes im Leben des heranwachsenden Adriaan Ereignisse ihren Lauf nehmen, wenn er völlig unberührt bleibt von altersgemäßen Erscheinungen, wenn er ein Sonderling wird, der sich um andere Sonderlinge müht, dann sieht man nach und nach einen großen Plan sich vollziehen, dann wird ein auf Prädestination gestütztes Glaubensverständnis sichtbar, eine Gottesbegegnung, für die nicht Gebet und Liturgie, wohl aber Deutesätze der heiligen Schrift maßgeblich sind, und eben das Menschenleben selbst - wer es zu lesen versteht.
Der Großvater ist der Mystiker, der aus Liebe und Distanz die Fäden sieht, an denen Gott zieht, und in großer Gelassenheit Glauben und Gottlosigkeit auf eine Stufe stellt.
Die eigentliche Hauptperson in Harts Romanen ist jedoch die Zeit selbst. Während der Großteil des Personals Unwissende sind, in engen Grenzen Lebende und sich damit begnügend, ist es die Zeit, die Bedeutung schafft. Das beobachtete Kriegsschiff des jungen Adriaan entspricht der späteren Weltreise in der Waschküche der Fregatte, die dennoch nicht aus der Provinz herausführt, sondern eher die ehemalige Seemacht Holland als provinziell vorführt.
"Das Wüten der ganzen Welt" war der Erstlingsroman Harts, in dem der Protagonist sein Leben lang einen Kriminalfall aufzulösen versucht, dessen Zeuge er als Junge geworden ist. Er will ein Geheimnis lösen, das über ihm liegt, über seiner Welt, ihrer Fremdheit und Unerbittlichkeit, und so tastet er sich mit unbeirrbarer Hartnäckigkeit einer Lösung und Klärung entgegen. Auch hier ist es die Zeit, die wie ein Mantel über der Welt liegt und sie erträglicher macht, in der blinden Hoffnung auf Aufklärung seines Lebens und dessen Verwicklungen. Und in beiden Büchern lüftet schließlich die Zeit den Mantel und gibt etwas preis, lässt etwas erkennen und zusammenwachsen. Das Glück liegt weniger in den Leistungen des Protagonisten, oder in seinen Entscheidungen - als Subjekt kommt er wenig zur Geltung. Eher kämpft er mit fremden, unverständlichen Mächten und bekommt geschenkt, was zuletzt zu seinem Leben gehört. In diesem Sinne ist der Protagonist wie Kafkas Herr K, Glavinic´Jonas oder Hotschnigs Kurt Weber. Was die Zeit ihm gewährt, muss erkannt und verstanden werden. Weit davon entfernt, Herr seines Lebens und seiner Entscheidungen zu sein, liegt sein Glück zuletzt darin, das zu bejahen, was die Zeit ihm in den Schoß legt, ungeschuldet. Der Sinn ersteht am Grauen entlang
weichensteller - 8. Feb, 11:10