Wenn das stimmt,

dass ein Ende ist, und wir wissen nicht wann –
wozu gehst du dann in die Schule, wozu arbeitest du jeden Tag, wofür.
Die Zeit vergeht, du bringst Geld nach Hause, baust ein Haus, kaufst Sachen.
Wozu.
Manches Ende ist bereits gekommen, z.B. der Familien, die Familien sind am Ende, eure Kinder erzählen es mir, keine Zeit für sie, allein zu Hause – die Kinder, die noch geboren wurden.
Wenn das stimmt, dass das Ende nah ist.

Aber es stimmt nicht. Wir feiern jährlich Zuwachs, die Kurse steigen, die Rendite, das Wirtschaftswachstum. Unsere Stadt wird größer, haben wir gehört, Menschen siedeln sich an, Betriebe am Stadtrand, aus Grünflächen wird Bauland. Straßen werden gebaut, die KFZ-Neuzulassungen nehmen zu jedes Jahr um ein paar Prozent, ebenso die Kilometerleistungen, und natürlich der Ölverbrauch. Die Gehälter steigen, natürlich zu langsam, die Urlaubsziele sind immer entfernter, auch die Ansprüche steigen natürlich. Wir sehen das ja an unseren eigenen Gästen. Unverständlicherweise steigt auch der CO2-Ausstoss, obwohl wir ihn senken wollten bis 2011, was soll man machen.

Doch wenn ein Ende ist?
Gut, wir verhandeln über die Frist. Die Lebenserwartung hat schon deutlich zugenommen. Wir fristen Jahrzehnte unseres Lebens, die wir dann vor dem Fernseher verbringen in leeren Häusern, und werden wöchentlich von den Kindern besucht oder den Enkeln – wenn es gut gelaufen ist. Früher hat man gesagt, die Erde könnte 6 Milliarden Menschen ernähren – damals waren es erst vier, ich erinnere mich deutlich. Heute berechnet man ihr leicht das Doppelte. Gute Händler sind wir alle.

Aber warum dann so nervös?
Unsere Stadt rühmt sich ihrer Mobilität, 2, 3 Jahre in dieser Übergangswohnung, bis wir uns eine bessere leisten können, ohne Nachbarn, einen Job zum Einstieg, man muss ja Erfahrung sammeln, bis zur Pension kann ohnehin keiner bleiben. Ja, ich werde kommen am Samstag, wenn bis dahin nicht noch etwas anderes passiert, natürlich, mach ich doch gern, ich ruf dich an. Passagiere sind wir unseres Lebens, es gleitet vorbei, was, schon wieder eine Woche - ein Jahr? Und was ist gewesen? Hoffentlich habt ihr genug Bilder gemacht von der Zeit, die es nicht mehr gibt – so wie die Maikäfer meiner Kindheit, säckeweise. Oder die tristen Herbste mit Nieselregen und Nebel, bitterkalt bereits, die Stürme, die die Blätter durch die Gassen fegen. Ich weiß jetzt, warum alle soviel Fotos machen, jeden Augenblick. Immer sind es Dinge, die es bald nicht mehr gibt.

Wir gehen auf das Nichts zu.
Den Boden haben wir schon verlassen, wohnen bereits im Auto, essen unterwegs. Auch die Menschen lassen wir zurück, einen nach dem anderen, es hat keinen Sinn mehr gehabt, wir haben uns nicht mehr verstanden.
Ich habe letzten Sommer ein ermordetes Volk besucht im Kaukasus, und war an den Orten seiner Hinrichtung. Damals, im 1. Weltkrieg, war Österreich mit seinen Verfolgern verbündet und hat nichts getan, so wie alle anderen. Die ganze Welt hat zugeschaut, alle wussten es, 1,8 Millionen Armenier, Männer, Frauen, Kinder, Greise. Heute streiten wir um die Aufnahme ihrer damaligen Gegner in die EU. Vor 15 Jahren wurden in Yugoslawien, das am Ende war, Völker ermordet, und wieder haben wir zugesehen. Heute sehen wir im Sudan zu. So haben wir die Zeit genützt. Das haben wir getan. Wir haben sie zurückgelassen, die Geschichte muß weitergehen.
Auch der Glaube geht zu Ende, oder hast du schon einmal eine wachsende Gemeinde gesehen, wo junge und alte Menschen in Christus neue Hoffnung schöpfen, sodass sie umkehren können aus einem falschen Leben, dann müsste ja die Welt sich ändern. Ein Arbeitsjahr/Schuljahr geht zu Ende, hoffentlich haben alle diese Zeit genützt, getan, was sie konnten, und gelernt, was zu lernen war, denn dasselbe kommt nicht mehr. Immer wieder bleiben Menschen zu Hause, obwohl sie eingeladen waren oder gebraucht wurden. Und was es noch zu tun gibt. In jedem eurer Leben und in dieser Gemeinde. Es ist eure Gemeinde, nicht meine, ich bin nur auf Zeit hier.

Und vielleicht geschieht das noch, dass dieses Nichts, auf das wir zugehn, ein Gesicht bekommt. Ein Antlitz, das man einmal aushalten kann. Vielleicht geschieht einmal Vertrauen, dass es eine Führung gibt, und dass man nicht allein bestehen muss. Es könnte einer sein, der mit ihm in Kontakt ist, auf vertrautem Fuß von Du zu Du, ohne je gesehn zu haben, könnte sein. Es könnte, wer so lebt, die Frist nicht fürchten, sondern andre Wege gehen als jene, und müsste nicht nervös sein ob des Endes. Das wäre ein Prophet, und Ruhe könnte sein. Vom Ende der Erde bis zum Ende des Himmels., und die Verständigen werden strahlen, wie der Himmel strahlt. An jenem Tag, zu jener Zeit

Ich wollte sicher sein, dass ich nicht vergeblich laufe oder gelaufen bin

Gal 2, 2

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